Takashi Murakami’s Universe (part 2) - artetrama

Takashi Murakamis Universum (Teil 2)

, 5 min Lesezeit

Kaikai und Kiki: Ikonen, Symbolik & kulturelle Wurzeln

Einführung zu Kaikai & Kiki

Wer bereits mit der Kunst von Takashi Murakami vertraut ist, weiß vielleicht, dass Kaikai & Kiki der Name von Murakamis Studio ist. Dort schafft er seine Werke und fördert viele andere Künstler.

Die Herkunft der Namen

Historische & sprachliche Wurzeln

Die Namen dieser beiden Figuren haben einen einzigartigen Ursprung: das Wort „kaikaikiki“. Dieser Begriff wurde im späten 16. Jahrhundert verwendet, um die Werke des japanischen Künstlers Kano Eitoku zu beschreiben, von denen gesagt wurde, dass seine Gemälde sehr kraftvoll, aber zugleich sensibel seien.

Im Buch „Murakami Ego“ von Skira Rizzoli wird beschrieben, dass dieser Ausdruck sowohl im Chinesischen als auch im Japanischen unterschiedliche Bedeutungen hat. Im Japanischen ist „kaikaikiki“ ein Adjektiv, das etwas Beunruhigendes, Seltsames beschreibt, das Angst und Unsicherheit hervorrufen kann. Im Chinesischen hingegen hebt „kaikaikiki“ die Tapferkeit, Stärke und extreme Sensibilität des Subjekts hervor.

Wer sind Kaikai und Kiki?

Doch Kaikai und Kiki sind weit mehr als nur eine Marke. Diese beiden Figuren, die normalerweise zusammen gezeigt werden, wurden fast zufällig erschaffen und zählen heute zu den bekanntesten Ikonen des japanischen Künstlers.

Visuelle Beschreibung

Kaikai ist vermutlich ein Kind in einem weißen Hasenkostüm. Kiki trägt ein rosa Outfit, hat drei Augen und ein paar Fangzähne. Wer Japanisch lesen kann, erkennt dies sofort, da jeder Name auf den Ohren geschrieben steht!

Takashi Murakami Kaikai und Kiki
Kaikai (links) und Kiki (rechts): Signaturfiguren von Murakamis Studio

Symbolik & kulturelle Referenzen

Der Hauptgrund, warum Takashi Murakami diesen beiden Kreaturen diese Namen gab, ist, dass sie einfach gut klingen. Dennoch gibt es eine nicht ganz zufällige Symbolik, die wir erkennen können.

Yin & Yang, Jekyll & Hyde

Kaikai und Kiki werden normalerweise zusammen gezeigt, da sie sich gegenseitig ergänzen. Wie Jekyll und Hyde, Yin und Yang oder Alpha und Omega, werden diese beiden Figuren üblicherweise auf eine bestimmte Weise dargestellt: Kaikai befindet sich auf der linken Seite mit geschlossenem Mund, während Kiki rechts mit offenem Mund steht.

Shinto- & Komainu-Einflüsse

In Shinto-Schreinen (Shinto ist die autochthone Religion Japans) ist es sehr üblich, zwei Löwen-Hund-Figuren, sogenannte komainu, an den Eingängen zu finden. Diese Komainu stehen in direktem Zusammenhang mit den chinesischen karajishi-Löwen, die man vor buddhistischen Tempeln findet und über die wir bereits in unserem Beitrag „Takashi Murakami: Die Legende der karajishi“ gesprochen haben. Die Komainu treten immer paarweise auf: einer hat den Mund offen, was auf den ersten Buchstaben des japanischen Alphabets „ah“ verweist, während der andere den Mund geschlossen hat, wodurch der letzte Buchstabe „un“ ausgesprochen wird. Diese Laute symbolisieren den Anfang und das Ende von Schöpfung, Leben und Tod – Themen, die auch in Murakamis Werken immer wieder auftauchen.

Komainu an einem Shinto-Schrein Chinesische karajishi Löwenstatue
Komainu an einem Shinto-Schrein (links)  |  Chinesische karajishi Löwenstatue (rechts)

Zeitgenössische Rollen & Bedeutungen

Heutzutage sind Kaikai und Kiki Murakamis eigene „Götter der Kunst“ und er strebt durch sie ständig nach Schönheit. Kaikai und Kiki, die nicht immer die zuvor erwähnten religiösen oder kulturellen Konnotationen tragen, übernehmen unterschiedliche Rollen, die das Publikum näher an den Künstler heranführen. Kaikai ist süß und unschuldig, während Kiki wild und frech ist. Es liegt nahe, dass diese beiden Figuren in vielen Werken Murakamis dessen Gewissen repräsentieren. Daher sollte man besonders auf Haltung, Ausdruck und Anzahl in jeder Darstellung achten. Murakamis Figuren besitzen oft eine tiefere Bedeutung, als man auf den ersten Blick erkennen kann.

Charaktereigenschaften

  • Kaikai: süß, unschuldig, nachdenklich (Mund geschlossen)
  • Kiki: wild, schelmisch, ausdrucksstark (Mund offen)

Weitere wiederkehrende Figuren im Murakami-Universum

Miss Ko2

Einer der provokantesten Charaktere Murakamis, Miss Ko2, tauchte erstmals 1997 auf. Mit langen Beinen, übertriebenen Proportionen und einer stilisierten Kellnerinnenuniform satirisiert sie sowohl die sexuellen Fantasie-Tropen der Otaku-Subkultur als auch westliche Vorstellungen von japanischer Weiblichkeit. Ihr Name leitet sich vom japanischen Wort ko (Kind, junge Frau oder Geisha) ab, erinnert aber auch an Kaliumsuperoxid, was ihre doppelte Rolle als verführerisches Symbol und kulturelle Kritik unterstreicht.

Mr. Pointy (Tongari-kun)

Mr. Pointy verbindet buddhistische und animistische Ikonographie mit leuchtend-cartoonhaften Formen. Mit speerförmigem Kopf und aus Fiberglas gefertigt, erinnert er sowohl an traditionelle Schreingefährten als auch an futuristische Kommunikationszentren. Murakami beschrieb die Spitze von Mr. Pointy als „Kommunikationszentrum aus dem Weltraum“, was seine Faszination für Technologie, Geschichte und spirituelle Transzendenz widerspiegelt.

Oval Buddha

Inspiriert von einer Buddha-Skulptur aus dem 10. Jahrhundert, vereint der Oval Buddha (2007–08) klassische Lotus-Podest-Motive mit einer Anime-Figur. Frontal betrachtet wirkt Oval ruhig und kontemplativ; von hinten jedoch zeigt sein klaffendes Lächeln eine spielerische, beunruhigende Dualität. Diese quasi-religiöse Figur unterstreicht Murakamis Erforschung von Tradition versus Popkultur.

Pom

Murakamis geliebter Hund Pom taucht häufig in Fotografien und Gemälden auf und ist die „verwurzelteste“ Figur des Künstlers. Im Gegensatz zu seinen fantastischen Kreationen bringt Pom eine autobiografische Note und erinnert an die persönlichen Bindungen, die Murakamis lebendiges, überdimensioniertes Universum prägen.

Jellyfish Eyes

Im Animationsfilm und in den nachfolgenden Kunstwerken mit dem Titel Jellyfish Eyes zeigt Murakami schwebende, quallenähnliche Kreaturen, inspiriert vom japanischen Folklorewesen hyakume. Diese leuchtenden, halbtransparenten Wesen erforschen Themen wie Unschuld und Umweltfragilität und fügen der Superflat-Ästhetik eine weitere emotionale Dimension hinzu.

Mehr entdecken

Sehen Sie sich Takashi Murakamis Universum (Teil 1) an, falls Sie es noch nicht getan haben!

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